Kinderarbeit

In Indien findet man zahlreiche Kinderarbeiter in kleinen Fabriken. Auch als Müllsammler, Straßenverkäufer, als Haushaltshilfen, in Restaurantküchen oder durch Prostitution müssen viele Kinder ihr Geld verdienen. Fast alle arbeiten unter Bedingungen, die ihre Gesundheit gefährden – nicht selten bis zu 70 Stunden in der Woche. Damit bleibt ihnen jede Chance verwehrt, jemals eine Schule zu besuchen.

Welche rechtlichen Regelungen gibt es, die Kinderarbeit begrenzen?

Es gibt zwei Richtungen aus denen man Kinderarbeit bekämpfen kann. Man kann Kinderarbeit gesetzlich verbieten (und daran arbeiten, dass diese Gesetze auch durchgesetzt werden). Oder man kann versuchen, die dahinter liegenden Ursachen zu beseitigen.

Internationale Arbeitsorganisation (IAO, bzw. englisch ILO) hat Übereinkommen erarbeitet in denen Mindestalter für die Beschäftigung von Jugendlichen festgelegt sind und insbesondere ausbeuterische Kinderarbeit (gefährliche und sklavereiähnliche Arbeit) verbietet. Die allermeisten Staaten haben diese Konventionen auch unterzeichnet.

In Indien ist durch die Verfassung und konkrete Gesetze, die Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren zumindest für gefährliche Arbeiten verboten. Die Liste dieser Tätigkeiten wurde in den letzten Jahren auch immer wieder erweitert. Zudem gibt es die Schulpflicht (und das Recht auf kostenlosen Schulbesuch).

Die Probleme kommen aber vor allem bei der Umsetzung der Gesetze. In Ländern wie Indien ist Korruption ein großes Problem. Und auch abgesehen davon ist die Kontrolle schwierig, insbesondere wenn Kinder etwa ihren Eltern zu Hause helfen Dinge herzustellen. Es gibt deshalb auch Kritiker, die das Verbot von Kinderarbeit kontraproduktiv finden, da es vor allem dazu führe, dass die Kinder eben in schlechter kontrollierten Bereichen arbeiten – unter noch schlechteren und unsichereren Umständen. Und Kinderarbeit gibt es vor allem auf Grund der extremen Armut der Familien. Wenn diese keinen Ausweg sehen, die Familie ohne das kleine zusätzliche Einkommen der Kinder zu ernähren, können Regelungen nur wenig helfen.

Wir konzentrieren uns mit unserem Verein deshalb darauf die Ursachen der Kinderarbeit zu bekämpfen: Vor allem extreme Armut und fehlende Alternativen, wenn es keine bezahlbaren, guten Schulen gibt.

Wie lässt sich Kinderarbeit mittel- bis langfristig effektiv bekämpfen?

Das Problem der Kinderarbeit lässt sich langfristig gesehen vor allem lösen, wenn immer mehr Menschen den Schritt aus der extremen Armut schaffen – nicht unbedingt zu großem Reichtum, aber zumindest zu einer Situation, in der sie sich ernähren können.

Auch Schulpflicht und kostenlose Schulbildung sind wichtige Aspekte, die in vielen Ländern immer weiter durchgesetzt werden. In Indien werden mittlerweile ein Großteil der Kinder immerhin eingeschult. Öffentliche Schulen sind offiziell kostenlos und seit 2010 werden gesetzlich sogar 25% der Plätze an Privatschulen für Kinder aus armen Familien kostenlos reserviert. In der Praxis ist es für arme Familie aber oft trotzdem schwer einen wirklich kostenlosen Schulplatz für ihr Kind zu bekommen. Und leider ist die Qualität des Unterrichts meist sehr schlecht. So brechen dann unglaublich viele die Schule auch früh ab.

Armutsbekämpfung und Bildung sind, aus unserer Sicht, die nachhaltigsten Werkzeuge gegen Kinderarbeit. Unser Verein versucht das im kleinen Rahmen so umzusetzen: Familien werden von uns monatlich ein wenig mit Grundnahrungsmitteln wie Reis unterstützt, um auch ohne die Einkünfte des Kindes über die Runden zu kommen. Durch Nachhilfe in unserem Zentrum versuchen wir allen Kindern zu einem erfolgreichen Schulabschluss zu helfen. Und anschließend vermitteln wir einen Ausbildungsplatz. Während die Eltern oft Analphabeten sind, haben die von uns unterstützten Kinder dann deutlich besser Chancen auf einen ordentlich bezahlten Arbeitsplatz – und können ihren eigenen Kindern später eine bessere Ausgangssituation bieten.

Schadet oder hilft Kinderarbeit den Familien?

Manchem mag schon diese Frage absurd erscheinen, aber aus der schwierigen Situation der betroffenen Familien und kurzfristig ist dies vielleicht gar nicht so klar zu beantworten. Kinderarbeit entsteht ja nicht, weil Eltern mit der Ausbeutung ihrer Kinder reich werden wollen, sondern weil eine Familie nicht weiß, wie sie sonst über die Runden kommen soll. Oft findet der Vater als Tagelöhner nur alle paar Tage Arbeit und verdient dabei nur ein oder zwei Euro am Tag. Und auch wenn die Mutter als Haushaltshilfe oder Müllsammlerin etwas verdient, reicht das Geld oft nicht mal um genug Essen auf den Tisch zu bringen. Von Schulmaterial für die Kinder ganz zu schweigen. Dann arbeiten die Kinder mit der Mutter mit als Müllsammler, oder der Sohn wird Hilfsarbeiter bei einem kleinen Restaurant oder einer kleinen Gießerei – oder eine Tochter muss auf ihre kleinen Geschwister aufpassen, anstatt zur Schule zu gehen. Und so bekommt die Familie dann irgendwie gemeinsam das Geld für das nötigste zusammen.

Langfristig gesehen ist es allerdings ein Teufelskreis. Die Kinder arbeiten oft in gefährlicher und ungesunder Umgebung. Und vor allem geht ein Kind, das arbeitet, (in Indien) normalerweise nicht zur Schule. Damit hat es aber auch als Erwachsener später kaum Chancen auf ordentlich bezahlte Arbeit und die Familie wird nur schwer aus der Armut heraus kommen.

In Südamerika gibt es allerdings auch Kindergewerkschaften, in denen Kinder um ihr Recht zu arbeiten kämpfen (die meisten Kinderarbeiter dort gehen meist auch zur Schule). Denn wenn sie legal arbeiten könnten, hoffen sie, wären Arbeitsbedingungen und Bezahlung für die Kinder deutlich besser. Und die Kinder arbeiten ja auch jetzt schon, wenn auch momentan illegal.

Ist es möglich, Kinder vor solcher Ausbeutung zu schützen?

In kleinem Rahmen schaffen das Organisationen wie etwa H.E.L.G.O. e.V. ganz gut. Knapp 200 Kinder gehen mit unserer Unterstützung in die Schule und müssen bis zu ihrem Abschluss nicht mehr arbeiten. Das mag angesichts von Millionen Kinderarbeitern nach wenig klingen, aber für diese Kinder macht es einen riesigen Unterschied.

Die großen Lösungen – die Beseitung extremer Armut, bessere Schulen, Arbeitsbedingungen, ... – müssen viele Akteure einbeziehen, insbesondere Regierungen und Unternehmen. Wobei internationaler Druck sicher hilft, die Probleme auf die Tagesordnung zu setzen.

Auch im deutschen Alltag, kann man Zeichen setzen. Terre des Hommes hat beispielsweise eine Broschüre (PDF) zusammengestellt mit den Siegeln und Initiativen des Fairen Handels. Welche Schokolade wir hier in Deutschland kaufen, hat auch Rückwirkungen auf die Situation von Kinderarbeitern und ihren Familien.


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